Die Sperrzeit in Eggenfelden – der Todesstoß für unsere Nachtgastronomie
Dieses Dossier hab ich 2017 nach der Bügermeisterwahl von Herrn Grubwinkler erstellt, und darin die ganzen Probleme und Ungereimtheiten zusammengefasst, die aufgrund der Einführung dieser hirnrissigen „Sondersperrzeitregelung Eggenfelden“ im Jahre 2010 durch Herrn Schießl aufgetreten sind. Auch seinem Amtsnachfolger, Herrn Biber, habe ich das Dossier zukommen lassen.
Die Reaktion war jedes Mal ein erstauntes Bekunden von Interesse für die Sorgen und Nöte der ortsansässigen Party-Gastronomiebetriebe. Passiert ist – beide Male – genau gar nichts. Es ist den hohen Herrn einfach absolut egal. Aber hinterher werden wieder große Krokodilstränen vergossen, dass es in Eggenfelden keine Nachtlokale mehr gibt, wo die Leute hingehen können zum Feiern. Dass man sich das einfach nicht erklären kann, warum auf einmal urplötzlich alle geschlossen sind.
Damit diese Taktik diesmal nicht verfängt, mache ich das Dossier nun öffentlich. Die Problematik ist „denen da oben“ bestens bekannt. Wir waren ja oft genug vorstellig geworden und haben erklärt, dass uns die Sperrzeit fertig macht. Es wird in den Gremien absichtlich nicht gehandelt. Das Verenden der lokalen Nachtgastronomie ist offenbar ein gewolltes Kalkül innerhalb der Verwaltung der Stadt Eggenfelden. Anders kann man sich das demonstrative Nichtstun und Totschweigen dieses Themas nicht erklären.
Zu Beginn noch eine schnelle Metapher, zum besseren Verständnis:
Stell Dir vor, Du betreibst einen Supermarkt im Ort, und auf einmal darfst Du unter Androhung existenzbedrohender Strafen nur noch bis 17:00 Uhr öffnen, weil die Stadt sich das jetzt so einbildet. Niemand hat mit Dir geredet. Es gab auch keine Abstimmung. Alle Supermärkte in sämtlichen Gemeinden in 75 km Umkreis dürfen aber ganz normal weiterhin bis 20:00 Uhr auf haben. Niemand kompensiert Dich für den Verlust, den Du jetzt von Amts wegen erleidest. Du musst obendrein auch noch den gereizten Kunden erklären, was Dir einfällt, schon um 17:00 Uhr zu schließen. Und die Supermarkt-Chefs der umliegenden Gemeinden lachen Dich bei jedem Gespräch aus und freuen sich über Deine Kundschaft, die nun zu ihnen zum Einkaufen geht. So in etwa kannst Du Dir die wettbewerbsverzerrende Sperrzeitregelung in Eggenfelden vorstellen. Nur mit Bars, Clubs und Discotheken.
Dossier zur Sperrzeitregelung in Bayern und speziell Eggenfelden
Generelle Betrachtung
Als Sperrstunde oder Polizeistunde wird die Uhrzeit bezeichnet, zu der Gaststätten ihren Betrieb einstellen müssen. Nach Anbruch der Sperrstunde darf kein Ausschank mehr stattfinden und sich kein Gast mehr im Lokal befinden. Oft wird eine bestimmte Zeit vor Anbruch der Sperrstunde zur letzten Bestellung aufgefordert.
Mittlerweile ist sie in vielen Bundesländern aufgehoben. In Köln wurde die Sperrstunde jeweils am Karnevalswochenende aufgehoben, bis das Land Nordrhein-Westfalen am 1. August 2001 die Sperrstunde auf eine Putzstunde von 5:00 bis 6:00 Uhr verkürzte.
In vielen Städten wie z. B. Leipzig, Berlin und Hamburg gibt es gar keine generelle Sperr- oder Putzstunde mehr.
In Bayern galt eine vergleichsweise strikte Sperrstundenregelung. Nach einer einjährigen Testphase in München wurde dort 2004 und ab 2005 im ganzen Bundesland die Sperrstunde wie in NRW auf eine „Putzstunde“ von 5:00 bis 6:00 Uhr verkürzt.
Rechtliche Behandlung der Sperrstunde in Bayern
Wenn Du eine Gaststätte, Discothek etc. betreiben willst, musst Du dich unter vielem anderen auch an die Vorschriften zur Sperrzeitregelung halten:
Nach § 18 Gaststättengesetz in Verbindung mit § 8 der Bayerischen Verordnung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (GastV) beginnt die allgemeine Sperrzeit in Bayern um 5:00 Uhr und endet um 6:00 Uhr (sog. „Putzstunde“). In der Nacht zum 1. Januar ist die Sperrzeit komplett aufgehoben.
Bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse kann die Sperrzeit durch gemeindliche Verordnung verlängert (d.h. der jeweilige Betrieb muss früher als 5:00 Uhr schließen) oder aufgehoben werden (§ 10 GastV). Unter den gleichen Voraussetzungen können die Gemeinden die Sperrzeit im Einzelfall auch für einzelne Betriebe verlängern oder ganz aufheben (§ 11 GastV).
Die neue Sperrzeitregelung gilt seit dem 1. Januar 2005. (Quelle: Verwaltungsservice Bayern)
Ausnahmen von der Regel – Wer dreht in Bayern an der Sperrzeit?
Laut Anfrage beim Bayerischen Landesamt für Statistik vom 04.11.2014 gab es zu diesem Zeitpunkt in Bayern exakt 2031 Gemeinden.
Nach einer DAPD-Meldung vom 04.04.2013, die sich auf die Pressemitteilung #123/13 vom 03.04.2013 des Bayerischen Staatsministerium des Inneren beruft, haben [nur!] 44 Gemeinden eine Ausnahme von der Sperrzeitregelung beschlossen. Und damit ein verschwindend geringer Bruchteil.
(Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Bayerischen Staatsministerium des Inneren)
- 24 davon haben eine „Innenstadt / Randbereich“ Regelung, bei der in der Innenstadt strengere Sperrzeiten gelten als in deren Randbereichen.
- 20 Gemeinden haben eine flächendeckende Abänderung der Sperrzeit beschlossen.
Eggenfelden fällt damit in letztere Kategorie. Wir gehören also seit dem 01.01.2010 zu dem einen Prozent der Gemeinden in Bayern, welche die liberale, landesweite Sperrzeitregelung für ihre Gastronomie komplett einschränkt!
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es bei rund 98% der Gemeinden mit der in Bayern landesweit gültigen Sperrzeit von 5:00 Uhr wohl nicht im Geringsten zu irgendwelchen Problemen kommt.
Wie gehen andere Gemeinden in Niederbayern mit der Sperrzeit um?
Was ich mit großer Neugier gelesen habe, ist eine Umfrage der Passauer Neuen Presse im Artikel „Von Altötting bis Zwiesel: So ist die Sperrzeit geregelt“ vom 09.04.2011, die an verschiedene Gemeinden in der Region gerichtet war. Darin ging es um den Umgang mit der Sperrstunde, ob es Probleme gibt und ob Änderungen angedacht sind. Auszugsweise möchte ich nun einige der Antworten von den Verantwortlichen entsprechender Kommunen wiedergeben:
(Quelle: PNP Artikel „Von Altötting bis Zwiesel: So ist die Sperrzeit geregelt“ vom 09.04.2011)
Keine Probleme also, so weit das Auge reicht. Alles ruhig und friedlich.
Und wo dennoch Schwierigkeiten auftreten, wie in Burghausen, wird eben vor Ort für genau diesen einen Problemfall eine Sonderregelung erlassen. Der Rest der ortsansässigen Gastronomen, die sich ja nichts zu Schulden kommen ließen, wird durch eine solch einfache und pragmatische Regelung nicht automatisch in eine rechtswidrige Sippenhaft genommen.
Warum wurde dann 2010 in Eggenfelden eine abweichende Sperrzeitregelung erlassen?
Sollte der Bericht aus der Süddeutschen Zeitung zutreffen, den ich gleich zitiere, so wäre das schon ein handfester Skandal:
Werner Schießl erinnert sich noch gut an die Woche nach dem Pubfestival im Februar 2007. Immerfort klingelte im Büro des Bürgermeisters von Eggenfelden (Freie Wähler) das Telefon. Am Apparat: Aufgebrachte Bürger, die sich über die Auswüchse der Discopartys in der Rottgauhalle beschwerten. Nächtelang hatten feiernde Jugendliche die Anlieger wach gehalten, mit lauter Musik, Gegröle und Gehupe. Ein Betroffener berichtete, er habe eines Morgens einen alkoholisierten Partygast schlafend auf seiner Terrasse gefunden.
(Quelle: Süddeutsche Zeitung – Artikel „Eine Stunde Ruhe ist nicht genug“ vom 17.05.2010)
Da beschloss Schießl, dass etwas geschehen musste! Der Bürgermeister kannte ja die Wurzel des Problems: „Den Ärger hat uns die neue Sperrzeitregelung eingebrockt.“
Fassen wir also zusammen:
- Problem: Das Pubfestival, eine grau-gastronomische Veranstaltung zweifelhaften Rufs von Hobby- und Wochenendwirten, läuft extrem aus dem Ruder. Seit Jahren! Die Anwohner beschweren sich deshalb massiv – und auch zu Recht – über „Auswüchse der Discopartys in der Rottgauhalle“.
- Lösung: Schießl oktroyiert der kompletten ortsansässigen Gastronomie, die mit dem Pubfestival gar nichts zu schaffen hat und sich 365 Tage im Jahr gesetzeskonform verhält, eine rigide Sperrzeitverlängerung auf!
Und der Knaller, die Kirsche auf der Sahnehaube:
Das Pubfestival – weswegen die Sperrzeit laut Bericht der Süddeutschen eingeführt wurde – bekam anschließend die größte Ausnahme dieser Regelung spendiert und darf damit weit länger öffnen, als die Nachtlokale vor Ort!
Da verblasst ein jeder Schildbürger-Streich im direkten Vergleich…
Nur dass es hier halt nichts zu Lachen gibt, da von diesem gravierenden Beschluss das wirtschaftliche „Wohl und Wehe“ vieler Eggenfeldener Gastronomiebetriebe abhängt, über deren Köpfe hinweg da im Rathaus eine einsame Entscheidung gefällt worden ist.
Stell Dir vor, Dein Arzt diagnostiziert ein Hühnerauge an Deiner linken großen Zehe.
Als Behandlung will er Dir das komplette Bein abschneiden.
Was genau würdest Du zu ihm sagen…?
[Aufgrund dessen bezeichnen wir die ganze Sperrzeitregelung auch als hirnrissig und beknackt, weil sie böswillig den falschen Leuten und Betrieben in Eggenfelden schadet…]
Das Pubfestival – ein Stachel im Fleisch der lokalen Gastronomie!
Die derzeitige Gestattungspraxis der Behörden stimmt erschreckend häufig nicht mit dem Willen des Gesetzgebers überein: Die Vorschriften und Auflagen, die jeder Gastwirt beachten muss, dienen dem Schutz der Gäste, der Jugend, der Nachbarn, aber auch der Mitarbeiter. Sie sorgen für einen fairen Wettbewerb und sichern die steuerlichen Interessen des Staates. Doch wenn die Hobbygastronomen in der Rottgauhalle Woche für Woche zum Tanz bitten, werden diese Mechanismen einfach ausgehebelt.
Dabei dürfte das Pubfestival nach dem Gaststättengesetz gar nicht erst genehmigt werden: Hierbei handelt es sich nämlich um eine Veranstaltung mit kommerziellem Hintergrund, welcher der vom Gesetz explizit geforderte „besondere Anlass“ fehlt.
Bei diesen Disco-Veranstaltungen fehlt es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes regelmäßig an einem eigenständigen, außerhalb der gastronomischen Tätigkeit liegenden Ereignis (zum Beispiel ’50 Jahre Verein XY‘), da „Musik und Tanzgelegenheit“ allein eben gerade nicht als besonderer Anlass gelten. Zudem darf die Gestattung nur vorübergehend erteilt werden, das heißt es sind grundsätzlich nur kurzfristige Veranstaltungen – in der Regel Tagesveranstaltungen – zulässig. Erstaunlicherweise werden nach bisheriger behördlicher Praxis solche „Pubfestivals“ mit bis zu mehreren Wochen Dauer gestattet! Das gleiche Spiel – Jahr für Jahr, Woche für Woche. [Anmerkung: Hier in Eggenfelden sogar für mehrere Monate!]
Und wo die „Wochenendwirte“ in der umsatzstärksten Zeit (Herbst, Weihnachten und Fasching) die Zapfhähne öffnen, lösen sich die Einnahmen der Gastwirte vor Ort in Luft auf. Während der Stadtsäckel und die Geldbeutel der lokal ansässigen Gastronomen austrocknen, füllen sich derweil lachend andere ihre Taschen.
Gleichzeitig kämpfen viele Betriebe vor Ort ums Überleben, werden mit zusätzlichen bürokratischen Vorschriften überzogen (Gefährdungsbeurteilung / Mindestlohn + exakte Erfassung der Arbeitsstunden / Benennung von Betriebsarzt und Sicherheitsbeauftragten seitens der Berufsgenossenschaft / etc.) und zudem sehr streng durch Zoll, Ordnungsamt, Lebensmittelüberwachung, Jugendamt (Jugendschutzkontrolle) und Finanzamt kontrolliert.
[Wie blanker Hohn klingt es darum in unseren Ohren, wenn wir Eggenfeldener Gastronomen diese hirnverbrannte Sperrzeitregelung mit allen damit verbundenen Umsatzeinbußen eben jener schäbigen Veranstaltung zu verdanken haben, welche uns in der umsatzstärksten Zeit einen massiven wirtschaftlichen Schaden zufügt. Die komplette Dimension dieser Kausalkette ist auf einer Skala von 1 bis Fukushima gar nicht abbildbar!]
Es geht (wie immer) ums Geld
Im selben Artikel der Süddeutschen Zeitung hat sich Thomas Domani, Präsidiumsmitglied des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, zu Wort gemeldet. Der BHG meint zur Motivation der Gemeinden, eine Sperrzeitverlängerungen einzuführen:
„An bürokratischer Entlastung sei den Städten erst in zweiter Linie gelegen… In erster Linie geht es ums Geld.“ Für die Verlängerung der Öffnungszeiten kassierten die Kommunen bis 2005 Gebühren. Etwa 1,5 Millionen Euro sollen es – allein bei der Stadt München – jährlich gewesen sein. „Das wollen die jetzt wieder haben“, sagt der BHG.
Gebühren bedeuteten aber einen Wettbewerbsnachteil für kleinere Gastronomen: „Bloß die Großen zahlen die ganz locker.“
(Quelle: Süddeutsche Zeitung – Artikel „Eine Stunde Ruhe ist nicht genug“ vom 17.05.2010)
Und… Welch Überraschung: Gegen Zahlung einer Abgabe an die Stadt Eggenfelden kann man sich tatsächlich ein wenig mehr Öffnungszeit erkaufen.
Alkohol und Kriminalität
„Der Zusammenhang zwischen Alkohol und Kriminalität liegt auf der Hand – gerade bei jungen Leuten“…
… und noch einiges mehr, polterte Joachim Herrmann (Innenminister / CSU) wahlkampfwirksam anno 2013 in die Mikrophone der anwesenden Journalisten.
Zu den sehr geistreichen Einlassungen von Herrn Herrmann meldete sich dann umgehend der „Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur“ folgendermaßen zu Wort:
Dass Jugendliche vor dem Alkoholkonsum bewahrt werden können, indem Kneipen und Discotheken nachts früher schließen müssen, ist ein absoluter Trugschluss. Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Sperrzeit und Komasaufen, das außerdem weniger in Gaststätten, als vielmehr im Freien stattfindet.
Alkoholexzesse werden nicht durch die Sperrzeit verursacht! Weder können sich Jugendliche einen exzessiven Alkoholkonsum in der Gastronomie leisten, noch darf der Wirt an Jugendliche Alkohol bis zum Erbrechen ausschenken. Schuld sind vielmehr Fehlentwicklungen in der gesamten Gesellschaft.Sperrzeitverlängerungen, also kürze Öffnungszeiten, in der Gastronomie sind keineswegs geeignet, die alkoholbedingten Gewaltprobleme oder Straftaten in den Griff zu bekommen. Hier sind ganz andere Instanzen zu bemühen: Das Elternhaus, die Erziehung, die Perspektivenbildung und vieles mehr sorgen für Pro und Kontra. Den Wirtshausbesuch und die Discoparty als Alleinübel darzustellen, ist somit absurd. Die Gastronomie ist zudem ein „kontrollierter Raum“, wo sogenannte Alkoholexzesse keinen Platz haben. Ob Komasaufen oder Randale – diese Randerscheinungen finden meist an anderen Plätzen statt. [Pubfestival?]
Es kann nicht sein, dass zur Ausweitung der Sperrzeit aufgerufen wird, nur weil sich einige Wenige nicht benehmen können! [Pubfestival?] Die große Masse der Nachtschwärmer soll das dann wieder ausbaden.
Was ist denn die Konsequenz aus einer Sperrzeitverlängerung? Dann gehen die Feiernden eben woanders hin. Alkohol wird deshalb sicher nicht weniger getrunken.
Die derzeit geltende landesweite Sperrzeitregelung ist vielmehr ein Musterbeispiel geglückter Entbürokratisierung im Interesse der Bürger und trägt dem heutigen Ausgehverhalten Rechnung.
(Quelle: Kommentar des VEBWK Vorstands (Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshaus Kultur) vom 05.04.2013 auf die Pressemitteilung des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann vom 03.04.2013)
Wobei verantwortungsbewusste Event-Gastronomen den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten Kindern und Jugendlichen generell verwehren, ihre Betriebe ausnahmslos mit einem Einlass ab 18 Jahren betreiben und das streng kontrollieren (müssen)!
Spätestens hier gehen dann alle polemischen Einwürfe wahlkämpfender Politiker vollkommen an der Wirklichkeit vorbei. Ich kann dazu jedenfalls nur den Kopf schütteln, weil ich und viele meiner Kollegen gar nicht an Jugendliche ausschenken (dürfen).
Darauf wird natürlich nirgends eingegangen – und von einem Innenminister im Wahlkampf schon gleich drei Mal nicht…
Blacklist vs. Whitelist
- Blacklist: Grundsätzlich ist alles erlaubt, aber einige Sachen sind verboten
(daher: schwarze Liste). - Whitelist: Grundsätzlich ist alles verboten, aber einige Sachen sind erlaubt
(daher: weiße Liste).
Intelligent und gerecht wäre also eine Blacklist, weil diese nur die problematischen Läden und Veranstaltungen trifft. Hier in Eggenfelden haben wir aber eine Whitelist, auf die man sich noch dazu durch Zahlung einer Monatsgebühr setzen lassen kann. Es ist den örtlichen Gastronomen also grundsätzlich verboten – im Gegensatz zu 98% ihrer Wirtekollegen im Freistaat – die liberale, landesweite Sperrzeit zu nutzen. Löhnt man an die Stadt, wird die rigide 2:00 Uhr Regel dann – gegen den Obolus oben erwähnter „Ablass-Gebühr“ – aufgeweicht und die Sperrzeit wieder verkürzt. Aber nur bis maximal 3:30 Uhr.
[Wie viel sinnvoller wäre doch hier im Ort eine Regelung auf Basis einer Blacklist, wie in Burghausen! Eggenfelden kehrt zurück zur landesweiten Sperrzeit von 5:00 Uhr und verhängt dann Auflagen gegen einzelne Veranstaltungen oder Einrichtungen, bei denen es Woche für Woche zu massivsten Problemen und Ausschreitungen kommt.
Was stattdessen passiert: Diejenigen, die massive Probleme verursachen, bekommen die größten Ausnahmen von der Sperrzeitregelung genehmigt. Was die ganze Praxis ad absurdum führt!]
Ausgehverhalten
Wer meint, die Menschen im Jahr 2014 würden beim Feiern um 2:00 Uhr einfach so nach Hause gehen und sich schlafen legen, der ist irgendwo im Ende des letzten Jahrtausends hängen geblieben und verschickt wahrscheinlich auch noch Faxe. Anno dazumal ging man vielleicht wirklich um 21:00 Uhr raus und kam allerspätestens um 3:00 Uhr wieder daheim an.
In München öffnet heutzutage die Hälfte der Clubs überhaupt erst ab 1:00 Uhr. Vorher würde dort keiner hin gehen. Gegen 2:30 Uhr kommt dann erst richtig Schwung in die Party!
Von daher ist es sicherlich richtig und wichtig, dass unsere Landesregierung schon 2005 mit enormen Weitblick und Sachverstand eine Sperrzeitregelung beschlossen hat, die sich an der tatsächlichen Realität ihrer Bürger orientiert, und nicht irgendwelchen unrealistischen Rollenmodellen nachzueifern versucht, die es in der Praxis schon ewig nicht mehr gibt.
Und jeder Mensch, der sich in seiner Feierlaune eingeengt sieht, wird Möglichkeiten suchen und auch finden, wie er trotzdem „Party machen“ kann, wie er will:
Disco-Tourismus… Muss das sein?
Uwe Brandl (Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags / CSU):
„Der Sperrzeit-Flickenteppich fördert nach meiner Ansicht den Disco-Tourismus und gefährdet deshalb vor allem junge Menschen!“
(Quelle: PNP Artikel „Von Altötting bis Zwiesel: So ist die Sperrzeit geregelt“ vom 09.04.2011)
Wie viele schwere Unfälle wären wohl vermeidbar gewesen, wenn Menschen, die feiern wollen, die Möglichkeit dazu gleich in ihren Heimatgemeinden gehabt hätten?
Aber so werden jede Woche aufs neue viele tausend Betroffene dazu gezwungen, gerade im Winter über dunkle, nasse und gefährlich glatte Straßen in die umliegenden Gemeinden zu pilgern. Gemeinden, in denen eine stimmige Nachtgastronomie vorhanden ist und die ihren Einwohnern und Besuchern das Feiern nicht einfach per Dekret verbieten!
Gerade aus Eggenfelden kenne ich viele Gäste, die am Wochenende lieber direkt nach Simbach in den Lokschuppen oder gleich nach München weiterfahren, weil sie hier vor Ort nicht vernünftig feiern dürfen.
Ebenso empfinden es viele Gäste, die von auswärts kommen, als persönlichen Angriff, wenn ich ihnen am Samstag gegen 1:45 Uhr morgens zu erklären versuche, dass nicht ich es bin, der hier zusperren möchte, sondern die Stadt Eggenfelden ihnen das Weiterfeiern untersagt, indem sie mich dazu zwingt, meine Bar schon um Punkt 2:00 Uhr zu schließen.
Jeden Tag bis 5:00 Uhr früh?
Mir und den meisten meiner Wirte-Kollegen geht es hier auch mitnichten darum, jetzt jeden Tag bis 5:00 Uhr morgens das Lokal zu öffnen. In meiner Bar zum Beispiel würde sich an den Regel-Öffnungszeiten eigentlich nichts ändern.
Allerdings habe ich von den 250 Tagen in Jahr, zu denen meine Bar geöffnet ist, an etwa 25 Abenden Gäste, die Geburtstag feiern möchten. Oder der Mittwoch / Donnerstag fällt einen Tag vor einem Feiertag, an dem die Leute gerne und lange ausgehen würden. An diesen Tagen würde ich – nach eigenem Ermessen – einfach zwei oder drei Stunden zu meinen Öffnungszeiten zugeben können, falls um 2:00 Uhr noch um die 40 Leute weiter feiern wollen.
Jetzt muss ich sie zwangsweise wie Aussätzige drei Stunden früher als vom Gesetzgeber vorgesehen aus meiner Bar werfen, was nicht nur auf Unverständnis, sondern teilweise sogar auf blanken Hass stößt, wenn man den Menschen ihre Feier aufgrund einer idiotischen, nicht nachvollziehbaren Stadtverordnung vergällen muss. Auch ein paar 1-Sterne-Bewertungen gehen direkt auf das Konto der Sperrzeitregelung von Herrn Schießl. Von der Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Bars und Clubs der Nachbargemeinden ganz zu schweigen.
Was den Lärmschutz dabei anbelangt, darf sich jeder selbst ausmalen, ob es besser ist
- 40 total angefressene Leute auf einmal auf den Parkplatz zu schieben, die sich dann um die wenigen Taxen raufen und sich aufgebracht unterhalten ODER
- diese in kleinen Gruppen ruhig, friedlich und freundlich nacheinander ziehen zu lassen. Kein Zwang, keine sinnlosen Diskussionen. Alles in Butter!
Erst recht, weil die Stadt Eggenfelden als „Weggeh-Standort“ die Gäste, welche sie auf diese Art vergrault hat, erst mal für lange, lange Zeit verlieren wird. Die Leute sind ja nicht blöde und steuern in Zukunft gleich unsere Nachbargemeinden an, welche ihnen das Feiern nicht per Erlass verbieten.
Zurück in die Zukunft
Daher richten wir [die Nachtgastronomen von Eggenfelden] einen Appell an die UWG und insbesondere an Herrn Grubwinkler in seiner Funktion als Bürgermeister von Eggenfelden: Bitte lassen Sie uns die in unseren Augen maßlos überzogene Sperrzeitregelung Ihres Amts-Vorgängers endgültig abschaffen und kehren wir gemeinsam zur landesweit gültigen 5:00 Uhr Regelung zurück.
Der Standort Eggenfelden kann gastronomisch von dieser Entscheidung nur profitieren.
[Das war 2017…
Der selbe Appell erging auch an den neuen Bürgermeister, Herrn Biber.
Passiert ist bei beiden rein gar nichts. Es geht „denen da oben“ einfach – man verzeihe den Ausdruck – total am Arsch vorbei, wenn Eggenfeldens Nachtgastronomie durch diese beknackten Beschlüsse mutwillig vernichtet wird.
Nochmal: Das Problem mit der Wettbewerbsverzerrung und den damit verbundenen heftigen Einbußen ist der Stadt Eggenfelden bekannt. Es wurde mehrfach und über Jahre hinweg von verschiedenen Inhabern Nachtgastronomischer Einrichtungen an die Verwaltung herangetragen.]
Und warum bringe ich dieses Dossier jetzt erst öffentlich auf meiner Seite?
Ganz einfach – weil ich von drastischen Vergeltungsmaßnahmen seitens der Verwaltung ausgehen muss, wenn man so ein unbequemes Thema öffentlich macht. Aber da ich meine Bar nun aufgegeben habe, hat diese Drohkulisse ihren Schrecken verloren. Was wollen sie denn machen? Mich mit existenzbedrohenden Auflagen überziehen, wie das Landratsamt beim Thema „Shisha“? Meinen Laden schließen? Baaahahaha!